Wölfe und Wissenschaft -

Die zentraleuropäischen Wölfe sind genetisch eine eigenständige Population

Wie kann es sein, dass die zentraleuropäische Wolfspopulation, die sich erst innerhalb der letzten 25 Jahre etabliert hat, eine genetisch eigenständige Einheit bildet? Ob sie eine genetische Einheit ist und wie diese entstand, mit dieser Frage beschäftigt sich die Arbeit von Maciej Szewczyki und KollegInnen. Die Ergebnisse der Studie sind hochpolitisch und haben Konsequenzen für den Schutz des Wolfes. Einer eigenständigen genetischen Einheit könnte man eine separate Schutzwürdigkeit zuschreiben. 

Bild: Wolfspopulationen

Neben diesem brisanten Thema ist es aber durchaus interessant sich mit der Frage zu beschäftigen wie sich innerhalb von ca. 25 Jahren eine genetisch eigenständige Wolfspopulation entwickelt hat. Die zentraleuropäische Wolfspopulation wurde durch die Einwanderung von Wölfen aus dem Baltikum über Polen begründet und ist nicht das Resultat einer sich wieder vermehrenden isolierten Restpopulation. Genetische Studien haben ergeben, dass es keinen freien Austausch zwischen baltischen und zentraleuropäischen Wölfen gibt und diese dadurch genetisch separate Einheiten bilden. Der Grund dafür ist darin zu suchen, dass der sogenannte Gründereffekt bei der Bildung der zentraleuropäischen Population noch nachweisbar ist. Darunter versteht man, dass die Gene und deren Allele, die durch die Einwanderung weniger Wölfe mitgebracht wurden in der zentraleuropäischen Population überrepräsentiert sind. Gäbe es einen freien Genaustausch zwischen baltischen und zentraleuropäischen Wölfen, wäre dieser Unterschied nicht mehr bemerkbar.

Der fehlende Austausch zwischen baltischen und zentraleuropäischen Wölfen kann mehrere Ursachen haben. Darunter fallen geographische Hindernisse und das unterschiedliche Management beider Populationen. Die zentraleuropäische Population ist streng geschützt, wohingegen die baltische Population bejagt wird.

Alle Daten deuten auf eine Eigenständigkeit der zentraleuropäischen Population hin, da sie sich deutlich von der baltischen Population unterscheidet. Das hat Konsequenzen für den Schutz des Wolfes und es wird vorgeschlagen die zentraleuropäische Population als eigenständige Managementeinheit zu betrachten.

Quelle: Maciej Szewczyk et al., "Genetic support for the current discrete conservation unit of the Central European wolf population," Wildlife Biology, 2021(2), wlb.00809, (3 May 2021).

 

Link (Volltext):  https://bioone.org/journals/wildlife-biology/volume-2021/issue-2/wlb.00809/Genetic-support-for-the-current-discrete-conservation-unit-of-the/10.2981/wlb.00809.full 


Zusammenfassung: Reinhard Hehl

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