Wölfe und Wissenschaft -

Unzureichender und ineffektiver Schutz als Ursachen für die Steigerung der Nutztierschäden durch den Wolf in Deutschland  

Die Erholung von Raubtierpopulationen führt zu Konflikten aufgrund von Nutztierverlusten, insbesondere in Deutschland, wo die Wolfspopulation (Canis lupus) exponentiell wächst und Nutztierverluste (vor allem bei Schafen) die Öffentlichkeit beunruhigen und die Behörden dazu veranlassen, die Wolfszahlen zu kontrollieren. Die Auswirkungen der Wolfspopulation und alternativer Faktoren, wie z. B. die Anzahl der Beutetiere und der Nutztiere, auf die Nutztierverluste in diesem Land sind jedoch nicht untersucht worden.

Bild: Die (A) Karte zeigt die deutschen Bundesländer und die Jahre ihrer Wiederbesiedlung durch Wölfe und (B) die Diagramme der tatsächlichen und prognostizierten Anzahl der von Wölfen getöteten Schafe in den Bundesländern über die Jahre

In der vorliegenden Studie haben Igor Khorozyan und Marco Heurich Daten über die Anzahl der reproduktiven Einheiten von Wölfen (Rudel und Paare zusammen), der von Wölfen getöteten Schafe, der lebenden Schafe, der Rothirsche (Cervus elaphus), der Rehe (Capreolus capreolus) und der Wildschweine (Sus scrofa) in jedem Bundesland und jedem Jahr von 2002 bis 2019 gesammelt und analysiert, um die Auswirkungen dieser Prädiktoren auf die Anzahl der von Wölfen getöteten Schafe zu schätzen. Sie untersuchten auch die Beziehungen zwischen den Prozentsätzen der getöteten/lebenden Schafe und der Anzahl der lebenden Schafe.

Die Auswertung der Daten ergab, dass die Schafverluste mit hoher Präzision und Genauigkeit durch den Bundesstaat, das Jahr und die Anzahl der lebenden Schafe und nicht durch die Anzahl der Wölfe bestimmt wurden. Die Zahl der von Wölfen getöteten Schafe stieg konstant vor allem im Norden, wo sich die meisten Wolfsgebiete konzentrieren. Dies bedeutet, dass die Schafe unzureichend und/oder ineffektiv geschützt werden. Der prozentuale Anteil der getöteten/lebenden Schafe stieg konstant um 0,02-0,05 % pro Bundesland und Jahr, mit einem maximalen Prozentsatz von 0,7 %, vor dem Hintergrund einer sinkenden Anzahl lebender Schafe. Zusammenfassend zeigen die Autoren, dass die Schafsverluste in Deutschland durch die Ausbreitung der Wolfspopulation und nicht durch die Anzahl der Wölfe sowie durch die Anzahl der verfügbaren Schafe verursacht wurden. Sie schlagen vor, dass sich die deutsche Wolfsschutzpolitik auf alternative, nicht-tödliche Interventionen, die Durchsetzung und Standardisierung der Überwachung von Interventionen und die Förderung der Wolfstoleranz konzentrieren sollte.


Quelle: Khorozyan, Igor, and Marco Heurich. "Large-Scale Sheep Losses to Wolves (Canis lupus) in Germany Are Related to the Expansion of the Wolf Population but Not to Increasing Wolf Numbers." Frontiers in Ecology and Evolution 10 (2022): 12.


Link (Volltext): https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fevo.2022.778917/full


Zusammenfassung: Reinhard Hehl


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