Wölfe und Wissenschaft -
Welche Herdenschutzmaßnahme ist die Beste?

09.12.2019 - Basierend auf einzelnen Studien werden den Nutztierhaltern verschiedene Maßnahmen zum Schutz ihrer Tiere vor Wolfsangriffen empfohlen. Spezifische Maßnahmen werden zum Teil finanziell unterstützt. Dabei wurde bisher nicht vergleichend untersucht, welche Schutzmaßnahmen die wirkungsvollsten sind. Dies versuchen Antonia Bruns und Koautoren durch eine vergleichende Untersuchung experimentell durchgeführter Schutzmaßnahmen bei Nutztieren gegen Wolfsrisse. Nach einer Literaturrecherche wurden 30 experimentelle Untersuchungen die in 19 wissenschaftlichen Arbeiten beschrieben sind verglichen. Dabei war es wichtig, dass zeitlich oder räumlich eine vergleichbar große nicht geschützte Nutztierpopulation untersucht wurde um die Effektivität der Maßnahme zu beurteilen. 
Bild Herdenschutzhunde bei Rindern  ©  Chris Homburg/BR
Bei den durchgeführten Schutzmaßnahmen handelte es sich unter anderem um Einzäunung, Herdenschutzhunde, Abschreckung, letale Entnahme, Umsiedlung der Wölfe und das Hüten der Nutztiere. Von den 30 Fällen handelte es sich in jeweils 6 Fällen um Abschreckung, Einzäunung oder letale Kontrolle. In 7 Fällen wurden Herdenschutzhunde eingesetzt und bei den restlichen Fällen handelt es sich jeweils um ein oder zwei Studien. Dabei kam heraus, dass Einzäunung (66,4 – 100% reduzierte Schäden) und Abschreckung (95,9 - 100%) die effektivsten Schutzmaßnahmen sind, gefolgt von Herdenschutzhunden (42,3 - 79,4 %). Die geringste Effektivität hatte die letale Kontrolle (2,7 - 73,0%). 
Die Autoren diskutieren ihre Ergebnisse kritisch, da bei der sehr effektiven Abschreckung auch die Verwendung von Flatterbändern einbezogen ist, die kurzfristig erfolgreich ist aber an die sich die Wölfe schnell gewöhnen. Bei den Experimenten bei denen Nutztiere eingezäunt werden, wurden das nächtliche Einpferchen, die elektrische Umzäunung sowie elektrisch geladene Flatterbänder eingesetzt. Der geringere Erfolg von Herdenschutzhunden wird in Einzelfällen mit der Größe der Wolfsrudel in Zusammenhang gebracht, durch die die Hunde gegebenenfalls getötet werden können. Der geringe Erfolg letaler Maßnahmen wird mit der Wiederbesetzung des Territoriums des entnommenen Rudels und der erneuten Gefahr von Wolfsschäden in Zusammenhang gebracht. 
Da es sich bei den verglichenen Studien hauptsächlich um Untersuchungen aus Nordamerika handelt (17 von 30 Fällen) wurde diskutiert wieweit die Ergebnisse auf Europa bzw. Deutschland übertragbar sind. Dabei würde es sich anbieten mehrere Maßnahmen wie Einzäunung und Herdenschutzhunde gemeinsam anzuwenden. Die letale Kontrolle käme auf Grund des Schutzstatus des Wolfes nur in begründeten Einzelfällen in Frage.

Quelle: Antonia Bruns, Matthias Waltert, Igor Khorozyan, (2020) The effectiveness of livestock protection measures against wolves (Canis lupus) and implications for their co-existence with humans, Global Ecology and Conservation, 21: e00868

Link (kompletter Artikel):  

Zusammenfassung: Reinhard Hehl
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