Wölfe und Wissenschaft -

„A license to kill“……Wölfe

Als Reaktion auf die weit verbreitete Erholung der Wolfspopulationen in vielen Teilen Europas hat die Berner Konvention kürzlich (März 2025) Wölfe von Anhang II in Anhang III verschoben. Der wesentliche Unterschied zwischen strengem Schutz (Anhang II) und Schutz (Anhang III) betrifft Situationen, in denen Tiere getötet werden dürfen. Unter strengem Schutz gibt es eine Reihe strenger Bedingungen (Artikel 9), die erfüllt sein müssen, bevor ein Tier getötet werden darf. Unter einem Schutzregime (Anhang III) sind die Beschränkungen für das Töten weniger streng als unter strengem Schutz (Anhang II). 
Das vorliegende Dokument wurde vom Norwegischen Institut für Naturforschung (John D. C. Linnell) unter Mitwirkung der IUCN/SSC Large Carnivore Initiative for Europe (Vorsitz: Luigi Boitani) als zusätzlichen Beitrag zu den Verträgen 1742024 und 1752024 der Generaldirektion Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit (DGI) des Europarates, Berner Konvention, erstellt. Angesichts der anhaltenden Kontroversen um den Schutz großer Raubtiere besteht laut den Autoren die Notwendigkeit, bewährte Verfahren (Best practice) für den Schutz dieser Arten im Allgemeinen zu ermitteln. Der Bericht basiert auf den gesammelten Erfahrungen, die in einer umfangreichen Literatur zu diesem Thema beschrieben und in zahlreichen Foren und Expertengruppen diskutiert wurden. Er soll als Rahmen für Diskussionen und weitere Entwicklungen dienen und ist, so die Autoren, nicht als endgültige Leitlinie zu verstehen.

Foto: Ein trauriges Ergebnis der tödlichen Bekämpfung von Wölfen. Quelle: https://wilderness-society.org/hunting-ban-wolf/

In einer ersten Tabelle werden zuerst bewährte Verfahren für nicht-tödliche Maßnahmen zum Schutz großer Raubtiere beschrieben. Es finden sich viele auch dem Freundeskreis bekannte Maßnahmen. Kritisch zu sehen, aus der Sicht der Wolfsschützer, ist die Beschreibung „bewährter Praktiken, wenn große Raubtiere der tödlichen Bekämpfung/Jagd unterliegen“ in der zweiten Tabelle. Darüber hinaus werden dann in einer dritten Tabelle Beispiele für bewährte Praktiken für nicht-tödliche Maßnahmen für den Wolsschutz sowie bewährte Praktiken für die tödliche Bekämpfung/Jagd des Wolfs genannt. Unrühmliches Beispiel aber von den Autoren offensichtlich als bewährte Praxis genannt bildet Estland wo in jedem Jahr Quoten zwischen 38 und 156 Wölfe zum Abschuss freigegeben werden.


Für den Wolf werden die folgenden Maßnahmen beschrieben: 

1.1. Abfall Management. Wölfe laufen Gefahr, ein potenziell riskantes Verhalten zu entwickeln, wenn sie sich daran gewöhnen, anthropogene Nahrungsmittel zu verzehren. Es ist unerlässlich, Wölfe und Bären daran zu hindern, Zugang zu Müll und allen anderen anthropogenen Nahrungsquellen zu erhalten. 

1.2. Notfallteams. Es gibt viele Situationen, in denen spezialisierte Einsatzteams sowohl für Bären als auch für Wölfe erforderlich sein können. Dazu gehören:
- Rettung von Tieren, die sich verheddert haben, gefangen sind oder in schwierige Situationen geraten sind.
- Aversive Konditionierung mit Gummigeschossen oder Feuerwerkskörpern, um zu verhindern, dass einzelne Wölfe oder Bären problematische Verhaltensweisen weiterentwickeln.
- Ausrüstung von Tieren mit Funkhalsbändern, die aufgrund von problematischem Verhalten oder weil sie wertvolle Gene in sich tragen, besonders genau überwacht werden müssen.

1. 3. Populationsüberwachung. Die Überwachung des Zustands der Population ist unerlässlich, wenn auch schwierig. Bei Wölfen ist eine Kombination aus nicht-invasiver DNA aus Kot und der Kartierung der Anzahl der Rudel mittels Schneespuren, Kamerafallen und Heulbeobachtungen der Stand der Technik.
Es ist auch wichtig, den genetischen Status der Populationen zu überwachen.
Es ist unerlässlich, dass Länder, die sich eine Population teilen, Protokolle entwickeln, die die Erstellung vergleichbarer Daten ermöglichen. 

1. 4. Wissenschaft. Es besteht ein ständiger Bedarf, das Management großer Raubtiere mit aktuellen Forschungsergebnissen zu unterstützen. Dazu gehören sowohl ökologische Forschungen über Wölfe und Bären als auch sozialwissenschaftliche Studien darüber, wie die verschiedenen Interessengruppen diese Tiere wahrnehmen.

1. 5. Strafverfolgung. Die illegale Tötung großer Raubtiere ist ein weit verbreitetes, aber unvorhersehbares Problem in ganz Europa. Daher besteht ein ständiger Bedarf an Strafverfolgungsmaßnahmen, vor allem um sicherzustellen, dass gemeldete Fälle untersucht und strafrechtlich verfolgt werden. Dies ist besonders wichtig in Gebieten, in denen nach wie vor Gift eingesetzt wird, da es dramatische und nicht-selektive Auswirkungen auf zahlreiche Wildtierarten hat. 

1. 6. Schutz von Nutztieren.  Hausvieh (insbesondere Schafe und Ziegen, aber auch Rinder und Pferde) ist ohne Schutz der Gefahr durch Wölfe und Bären ausgesetzt. Es gibt eine Reihe von Schutzmaßnahmen, die Abhilfe schaffen können. Dazu gehören:
- Herdenschutzhunde
- Schäfer
- Nachtgehege
- Elektrozäune
Halbdomestizierte Rentiere in den nordischen Ländern stellen aufgrund ihrer ganzjährigen Exposition und des Mangels an praktischen Schutzmaßnahmen einen Sonderfall dar. 

1. 7. Wirtschaftliche Instrumente zum Schutz von Nutztieren.  Wirtschaftliche Unterstützung ist notwendig, um die praktische Umsetzung von Maßnahmen zum Schutz von Nutztieren zu erleichtern, die Lebensfähigkeit der Weidewirtschaft zu erhalten und dem Bedürfnis nach sozialer Gerechtigkeit in der Bewirtschaftung gerecht zu werden. Mögliche Formen der Unterstützung sind unter anderem:
- Anreize zur Belohnung für die Anwesenheit großer Raubtiere - Hilfe/Unterstützung beim Kauf von Ausrüstung oder Subventionen für Hirten
- Entschädigungen für verlorene Nutztiere. 

1. 8. Klare Ziele. Ein wichtiger Ausgangspunkt für den Naturschutz ist die Festlegung klarer Ziele, die mit den Verpflichtungen aus nationalen und internationalen Rechtsvorschriften vereinbar sind. Dies ist oft nicht trivial, da es die Abstimmung allgemeiner Gesetzestexte mit messbaren und artspezifischen Konzepten erfordert und häufig Anlass zu Kontroversen gibt.

1. 9. Managementpläne. Managementpläne sind ein unverzichtbares Instrument, um Ziele zu kommunizieren und die vielfältigen Maßnahmen zu koordinieren, die in verschiedenen Sektoren zum Schutz großer Raubtiere erforderlich sind. Im Idealfall würden Managementpläne alle drei Ebenen – grenzüberschreitend, national und subnational – sowie innerhalb und außerhalb von Schutzgebieten koordinieren. Die Konzentration auf die biologischen Populationen, die oft über Grenzen hinweg reichen, wird als wesentlich für den langfristigen Schutz angesehen. 

1. 10. Sektorübergreifende Koordinierung.  Aufgrund ihrer Notwendigkeit einer landschaftsweiten Vernetzung kann der Schutz großer Raubtiere nur durch die Zusammenarbeit mehrerer Sektoren erreicht werden, darunter Umwelt, Landwirtschaft, Verkehr, Energie und Verteidigung (aufgrund von Grenzzäunen). 

1. 11. Landschaftliche Vernetzung. Da der Schutz großer Raubtiere auf sehr großer Fläche erfolgt, ist es unerlässlich, die Vernetzung und Durchlässigkeit der Lebensräume für die Wanderungen der Raubtiere zu erhalten. Dazu gehört die Einführung einer landschaftsbezogenen Raumplanung und die Integration geeigneter Überquerungsmöglichkeiten in lineare Infrastrukturen. 

1. 12. Ökosystemansatz.  Das Management großer Raubtiere muss integriert werden in die Strukturen des Wildtier- und Waldmanagements, um sicherzustellen, dass es genügend große pflanzenfressende Beutetiere für Wölfe gibt und dass die Wälder genügend Futterpflanzen für Bären bieten. 

1. 13. Plattformen für den Dialog mit Interessengruppen.
Es ist unerlässlich, den soziokulturellen Aspekt von Konflikten mit großen Raubtieren anzuerkennen. Ein Mechanismus zur Entschärfung sozialer Konflikte und zur Beseitigung von Machtungleichgewichten besteht darin, Dialogplattformen für Interessengruppen zu schaffen und Wege zu suchen, um die Beiträge der Interessengruppen in die Managementplanungsprozesse einzubeziehen. 

1. 14. Hundemanagement.  Freilaufende und verwilderte Hunde stellen eine große Gefahr für den Schutz der Wölfe dar, und ihre Anzahl muss kontrolliert werden. Durch das Töten von Nutztieren und Wildtieren verursachen sie oft Schäden, für die die Wölfe verantwortlich gemacht werden. Außerdem erhöhen sie das Risiko einer Kreuzung zwischen Wölfen und Hunden. 

1. 15. Information. Es besteht ein unbegrenzter Bedarf an verlässlichen Informationen über die Ökologie von Fleischfressern, Überwachungsergebnisse, Konflikte, Maßnahmen zur Konfliktminderung, Managementstrategien und Sicherheitsmaßnahmen. 

1. 16. Förderung positiver Werte. Neben objektiven Informationen müssen Behörden und Zivilgesellschaft die vorherrschenden Konfliktdarstellungen durch Maßnahmen ausgleichen, die die positiven Werte fördern, die viele Menschen mit großen Raubtieren verbinden, sowie die Beiträge einzelner Personen zum Naturschutz und zur Forschung. 

1. 17. Öffentlichkeitsarbeit und Beratung. Insbesondere beim Schutz von Nutztieren reicht es nicht aus, nur passive Informationen bereitzustellen. Es besteht Bedarf an landwirtschaftlichen Beratungsdiensten, die den Viehzüchtern vor Ort praktische Hilfe leisten können. 

1. 18. Aufbau institutioneller Kapazitäten. Um die vielfältigen Aspekte zu erfüllen, die für einen wirksamen Schutz großer Raubtiere erforderlich sind, bedarf es gut finanzierter und leistungsfähiger Institutionen auf mehreren Ebenen. Daher müssen Investitionen in Verwaltungs-, Bildungs-, Management- und Forschungseinrichtungen getätigt werden. 

1. 19. Leitfaden für Ökotourismus. Obwohl der Ökotourismus einige Möglichkeiten bietet, einen Teil der Kosten für den Schutz großer Raubtiere auszugleichen, erfordert er eine sorgfältige Planung und Regulierung, um unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden, sowie eine gewisse Portion Realismus hinsichtlich der vielen Einschränkungen.

In diesem Abschnitt des Berichtes werden die folgenden Quellen für Bewährte Verfahren für nicht tödliche Maßnahmen zum Schutz großer Raubtiere herangezogen.
LIFE: Technical report on “LIFE and human coexistence with large carnivores” (EC 2013). 
EC: European Commission website on large carnivores (https://environment.ec.europa.eu/topics/nature-and-biodiversity/habitats-directive/large-carnivores/eu-large-carnivore-platform_en#the-eu-platform). 
Newsletter: Carnivore Damage Prevention News (https://cdpnews.net/).
LCIE: Website of the Large Carnivore Initiative for Europe Specialist Group with associated searchable database of thousands of diverse reports on large carnivore conservation (https://lcie.org/Publications).
EC: “Report on Key actions for large carnivore populations in Europe” developed for the EC by the Istituto di Ecologia Applicata (2015). 
Bern Convention: Action plans for the conservation of brown bears and wolves in Europe (2000). 
IUCN: Website of the Human-Wildlife Conflict and Coexistence Specialist Group (https://www.hwctf.org/) with associated guidelines on addressing human-wildlife conflict (https://www.hwctf.org/guidelines).
IUCN: Guidelines for reintroductions and other conservation translocations (2013) (https://iucn.org/resources/publication/guidelines-reintroductions-and-other-conservation- translocations). 
WWF: Standard operating procedures for large carnivore management developed from the LIFE EuroLargeCarnivores project (https://www.eurolargecarnivores.eu/en/results/recommendations).
COST: Handbook on linear infrastructure and wildlife crossing structures (2003).


LIFE: Guidelines for responsible tourism involving wolves and bears (Karamanlidis et al. 2016, Kavcic et al. 2022). 

Zusätzliche bewährte Praktiken, wenn große Raubtiere der tödlichen Bekämpfung/Jagd unterliegen.
Die Autoren sind der Meinung, dass bei bestmöglicher Anwendung der im vorigen Abschnitt beschriebenen nicht-tödlichen Schutzmaßnahmen der Schutz großer Raubtiere zwangsläufig auch den Einsatz tödlicher Maßnahmen erfordern, wobei das Ausmaß jedoch stark variieren kann: von gelegentlichen und sorgfältig gezielten Einzelentfernungen bis hin zur jährlichen Entfernung eines erheblichen Teils (bis zu 30–40 %) der Population im Rahmen eines normalisierten Jagdsystems.


Für den Wolf werden die folgenden Maßnahmen beschrieben: 

2. 1. Sicherheit. Die Sicherheit von Menschen, sowohl von Jägern als auch von Nichtjägern, ist bei allen Aktivitäten von größter Bedeutung, da Verletzungen durch Waffen und möglicherweise durch Wildtiere (hauptsächlich Bären) drohen. Sicherheit ist sowohl für die Art und Weise, wie die Jagd und die tödliche Bekämpfung praktiziert werden, als auch für die Einrichtung von Verfahren zur tödlichen Entfernung von Bären oder Wölfen, die ein für Menschen gefährliches Verhalten zeigen, von Bedeutung. 

2. 2. Tierschutz. Humanität ist ein wesentlicher Aspekt aller Jagd- und Tötungsmaßnahmen und umfasst folgende Überlegungen:
- Wahl der Jagdsaison
- Wahl der Waffen und Munition
- Wahl der Methoden, Beleuchtung, Zielvorrichtungen, Köder, Hunde
- Eine Ausbildung der Jäger ist unerlässlich
- Zugang zu Teams mit Hunden, um verwundete Tiere aufzuspüren 

2. 3. Faire Jagd. Die faire Jagd ist ein wichtiger Aspekt der Jagd, der gegen ein praktisches Maß an Effizienz abgewogen werden muss. Bei tödlichen Bekämpfungsmaßnahmen ist sie weit weniger wichtig. 

2. 4. Entfernung von Wolfsmischlingen. Ein Sonderfall bei Wölfen betrifft die Hybridisierung. Derzeitige bewährte Verfahren sehen vor, Hybriden, soweit dies praktisch möglich ist, zu entfernen, wobei tödliche Maßnahmen am effizientesten sind. 

2. 5. Motivationen und Mechanismen. Es ist unerlässlich, die Beweggründe und gewünschten Ergebnisse der Jagd/tödlichen Bekämpfung offen und deutlich darzulegen. Dazu gehört eine klare Erläuterung des vorgeschlagenen Vorgehens, das die Tötung des Tieres mit dem gewünschten Ergebnis verbindet. In Fällen, in denen die Aktivität multifunktional ist, müssen alle Beweggründe genannt werden. Diese Beweggründe und die damit verbundenen Mechanismen unterscheiden sich wahrscheinlich erheblich zwischen Jagd und tödlicher Bekämpfung. 

2. 6. Wer begeht die Tötungen? Die Frage, wer jagt oder tödliche Bekämpfungsmaßnahmen durchführt, hängt stark vom jeweiligen Kontext ab. In der Regel erfordern tödliche Bekämpfungsmaßnahmen ein höheres Maß an Fachkenntnissen, sodass sie am besten von staatlichen Wildhütern oder beauftragten Jägern durchgeführt werden sollten, während viele Vorteile der Jagd durch eine breite Beteiligung gesteigert werden können. 

2. 7. Integriertes Management. Die Jagd und die tödliche Bekämpfung werden niemals alle Probleme und Konflikte im Zusammenhang mit großen Raubtieren lösen können. Vielmehr sind sie nur zwei Instrumente in einem umfassenderen Instrumentarium, zu dem auch Informationen, Methoden zur Schadensverhütung und wirtschaftliche Instrumente gehören. Alle Instrumente müssen auf integrierte Weise eingesetzt werden. 

2. 8. Klare Ziele setzen. Klare Ziele hinsichtlich der Populationsgröße und -verteilung der großen Raubtierpopulationen sowie hinsichtlich des Ausmaßes der Konflikte sind unerlässlich, um zu überwachen, ob diese Ziele erreicht werden, und um zu verstehen, ob die Jagd/tödliche Bekämpfung zu diesen Zielen beiträgt. 

2. 9. Entscheidungsprozesse. Es ist unerlässlich, ein breites Spektrum von Interessengruppen in die Entscheidungsstrukturen einzubeziehen, um einen Konsens oder zumindest einen allgemein akzeptierten Kompromiss über die Gesamtaspekte des Bewirtschaftungssystems zu erzielen.
Transparenz bei Entscheidungen und Prozessen ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Es sollte ein klarer Zusammenhang zwischen Quoten oder spezifischen Entscheidungen und den festgelegten Bewirtschaftungszielen bestehen. 

2. 10. Schiedsgerichtsbarkeit / Gerichtsprüfung. Entscheidungen über Jagdquoten und tödliche Bekämpfungsmaßnahmen werden fast zwangsläufig vor Gericht angefochten und/oder angezweifelt werden. Daher ist es von Vorteil, wenn ein unabhängiges Berufungsverfahren geschaffen wird und alle Entscheidungen vorab daraufhin geprüft werden, ob sie einer Anfechtung vor Gericht standhalten können. 

2. 11. Ökosystemplanung. Große Raubtiere müssen in einem ganzheitlichen Rahmen zusammen mit ihren wildlebenden Huftierbeuten und anderen Landnutzungsformen wie Forstwirtschaft, Landwirtschaft und Weidewirtschaft bewirtschaftet werden. 

2. 12. Information. Es besteht ein nahezu unbegrenzter Bedarf an klaren, vertrauenswürdigen und zuverlässigen Informationen für das Management großer Raubtiere, insbesondere wenn Jagd und tödliche Bekämpfung zum Einsatz kommen. 

2. 13. Quoten. Bei großen Raubtieren besteht immer die Gefahr einer Überjagung, sodass es offensichtlich ist, dass jede Jagd oder tödliche Bekämpfung durch Quoten begrenzt werden muss. 

2. 14. Adaptives Management. Jagd und tödliche Bekämpfung können nur dann nachhaltig eingesetzt werden, wenn sie in einen adaptiven Managementrahmen eingebettet sind, der die Festlegung von Quoten, das Töten mit Risikobewertung und Überwachung verbindet und in dem die Quoten unter Berücksichtigung neuer Überwachungsdaten angepasst werden.

2. 15. Überwachung. Die Überwachung der Größe und Verteilung der Population großer Raubtiere ist von entscheidender Bedeutung. Je intensiver die Bewirtschaftung, desto intensiver und robuster muss auch die Überwachung sein. Zu den bewährten Verfahren gehören:
- Überwachung der Populationsgröße und der Genetik/Gesundheit
- Einbeziehung von Jägern in die Überwachung der von ihnen gejagten Arten
- Koordinierung der Methoden über Grenzen hinweg bei gemeinsamen Populationen
- Notwendigkeit von Umrechnungsfaktoren zwischen den überwachten Einheiten und der Anzahl der Individuen/Fortpflanzungen
- Auch Konflikte müssen überwacht werden
- Es kann das Vertrauen stärken, wenn diejenigen, die die Überwachung durchführen, nicht dieselben sind, die die Quoten festlegen. 

2. 16. Modellierung / Risikobewertung. Alle für die Jagd/das tödliche Management festgelegten Quoten müssen auf einem detaillierten Risikobewertungsprozess basieren, der die potenziellen Auswirkungen verschiedener Quoten auf die Populationsentwicklung modelliert. Dies erfordert fast immer eine Form von Populationsmodell, das idealerweise auch genetische Effekte berücksichtigt. 

2. 17. Managementeinheiten
. Aufgrund ihres Bewegungsradius benötigen große Raubtiere sehr große Bewirtschaftungseinheiten für die Festlegung von Quoten. Die meisten Jagdgebiete sind zu klein, um eine eigene Quote zu haben. 

2. 18. Quoten Management. Die Quoten werden in der Regel gering sein, sodass die Gefahr besteht, dass sie ohne geeignete Mechanismen überfüllt werden. 

2. 19. Durchsetzung / Inspektion. Erlegte Fleischfresser sollten zur Untersuchung vorgelegt werden, um biologische Daten zu sammeln und die Tötungsmethode unter Tierschutzgesichtspunkten zu überprüfen. 

2. 20. Regelmäßige Überprüfung. Managementpläne und Ergebnisse sollten regelmäßig überprüft werden, damit Erfahrungen einfließen können. 

2. 21. Nebenwirkungen vermeiden. Die Jagd und die tödliche Bekämpfung können möglicherweise unbeabsichtigte Nebenwirkungen mit sich bringen, die berücksichtigt werden müssen. 

2. 22. Vorsorgeprinzip. Das Vorsorgeprinzip sollte durchgehend befolgt werden, insbesondere in Systemen mit geringem wissenschaftlichen Datenstand und Unsicherheiten bei der Überwachung.

In dem Bericht werden die folgenden Quellen für zusätzliche bewährte Praktiken herangezogen, wenn große Raubtiere der tödlichen Bekämpfung/Jagd unterliegen.
IUCN: Guiding principles on trophy hunting (2012). 
IUCN: Guidelines on Sustainable Hunting in Europe (2006). 
Bern Convention: European charter on hunting and biodiversity (2007). 
Convention on Biological Diversity: Addis Ababa principles and guidelines for the sustainable use of biodiversity (https://www.cbd.int/sustainable/addis.shtml).
CITES: Checklist to assist in making non-detriment findings. 
Alpine and Carpathian Conventions: Proceedings of the Joint conference of the Alpine and Carpathian Conventions for the exchange of practices on management of large carnivores (2024). 
CIC: Best Practices in Sustainable Hunting (2008).
WWF: Standard Operating Procedures for making monitoring data and hunting quotas transparent from the EuroLargeCarnivore LIFE project (2022). 

Beispiele für bewährte Verfahren in der Praxis
Dieser Abschnitt des Berichts behandelt einige wenige Beispiele dafür, wo bewährte Verfahren im Zusammenhang mit dem Schutz und Management großer Raubtiere in Europa in der Praxis angewendet wurden. Es werden in dieser Zusammenfassung nur Beispiele erwähnt, die sich auf den Wolf beziehen. 


3. 1. Schutz von Nutztieren. Das vierjährige LIFE-Projekt SloWolf (2010–2013) führte in Slowenien Maßnahmen zum Schutz von Nutztieren ein, die trotz einer Zunahme der Wolfspopulation zu einem Rückgang der Schäden an Nutztieren um 74 % führten. https://volkovi.si/ und https://www.gov.si/teme/velike-zveri/


3. 2. Schutz von Nutztieren. In den letzten 30 Jahren gab es viele Projekte, die oft durch das LIFE-Programm der EU finanziert wurden und in denen Maßnahmen zum Schutz von Nutztieren getestet und umgesetzt wurden. Diese Projekte waren auf lokaler Ebene erfolgreich, indem sie Nutztierhalter dabei unterstützten, Praktiken zum Schutz ihrer Tiere einzuführen, und dienten als Modellprojekte, die zu einer Ausweitung der Bemühungen inspirierten. https://environment.ec.europa.eu/publications/life-and-human- coexistence-large-carnivores_en und https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2351989424001690
Ein unabhängig finanzierter Newsletter – Carnivore Damage Prevention News – informiert seit 25 Jahren über bewährte Verfahren und inspirierende Fallstudien zum Schutz von Nutztieren.
https://cdpnews.net/
Es ist auch wichtig, die fortdauernde Anwendung traditioneller Weidepraktiken in Gebieten, in denen sie erhalten geblieben sind, anzuerkennen und zu bewahren.

 
3. 3. Forschung. Seit Anfang der 1990er Jahre koordinieren die skandinavischen Länder ihre Forschungsbemühungen im Rahmen transnationaler artspezifischer Projekte – Skandulv (https://www.slu.se/om-slu/organisation/institutioner/ekologi/forskning/skandulv/) für Wölfe, Scandlynx (https://www.nina.no/Naturmangfold/Rovvilt/SCANDLYNX/) für Luchse und das Skandinavische Bärenprojekt (https://www.brownbearproject.com/) für Bären – wobei Mittel aus beiden Ländern verwendet werden, um größere Projekte zu ermöglichen. 


3. 4. Monitoring. Das 2010 ins Leben gerufene norwegische Programm zur Überwachung großer Raubtiere (Rovdata www.rovdata.no) koordiniert die jährliche Zählung von Bären, Wölfen, Eurasischen Luchsen und Vielfraßen unter Verwendung standardisierter Methoden, die mit Schweden abgestimmt sind. Das Programm analysiert Daten, erstellt Berichte und kommuniziert Ergebnisse als Teil eines strukturierten Systems, in dem die Rollen der Datenerfasser (Öffentlichkeit, Jäger und staatliche Wildhüter), Datenauswerter (Rovdata) und Entscheidungsträger (Verwaltung und Politik) getrennt sind, um Objektivität zu gewährleisten. Die vom Umweltamt gesammelten Rohdaten werden in einer offenen Datenbank (www.rovbase.no) gespeichert, und eine App (Skandobs) wird verwendet, um Beobachtungen aus der Öffentlichkeit zu sammeln. 


3. 5. Monitoring. Obwohl Deutschland ein föderaler Staat ist, in dem die Verantwortung für das Naturmanagement weitgehend auf die 16 Bundesländer dezentralisiert ist, sammelt die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) Daten über Wolfspopulationen, deren Verbreitung und Sterblichkeit und veröffentlicht diese für das gesamte Bundesgebiet. Sie war auch an der Festlegung von Überwachungsstandards beteiligt, die in allen Bundesländern gelten. https://www.dbb-wolf.de/the-dbbw


3. 6. Monitoring. Die Wolf Alpine Group besteht aus einer Gruppe von Wissenschaftlern aus sieben Ländern des Alpenbogens, die zusammenarbeiten, um die sich verändernden Verbreitungsgebiete und Populationsdichten von Wölfen bei ihrer Wiederansiedlung in den Alpen zu kartieren. Seit 23 Jahren erstellen sie regelmäßig Berichte https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10668717/ 


3. 7. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Die Alpen- und Karpatenkonventionen sind grenzüberschreitende Kooperationsinitiativen, an denen EU- und Nicht-EU-Länder beteiligt sind. Beide sind seit langem daran interessiert, die Plattform zu nutzen, um die für die grenzüberschreitende Koordinierung des Managements großer Raubtiere erforderliche Zusammenarbeit zu fördern (http://www.carpathianconvention.org/wp-content/uploads/2025/01/15th-CCIC-Meeting-Report_FINAL.pdf). Diese Organisationen haben auch die Dinaric-Balkan-Pindos Large Carnivore Initiative inspiriert https://dinaric-carnivores.org/en/


3. 8. Nachhaltige Jagd. Estland reguliert seine Wolfspopulation durch die Jagd. Diese wird in 10-Jahres-Managementplänen organisiert, die derzeit in ihre dritte Phase eintreten (2002–11, 2012–21, 2022–31). Durch ein System der adaptiven Bewirtschaftung, bei dem die Quoten jährlich (zwischen 38 und 156) an die Überwachung des Bestandsstatus angepasst werden, ist es seit 2008 gelungen, die Wolfspopulation auf einem gewünschten Niveau zwischen 19 und 32 reproduzierenden Rudeln zu halten. Das gewünschte Niveau basiert auf Verhandlungen zwischen den Interessengruppen und ist so festgelegt, dass Konflikte auf einem als akzeptabel angesehenen Niveau bleiben. https://keskkonnaamet.ee/sites/default/files/documents/2024-04/Large%20Carnivore%20action%20plan_EE_2022-2031.pdf 


3. 9. Öffentliches Bewusstsein. Durch eine aktive Medienkampagne wurde der Wolf 2018 zum Nationaltier Estlands gewählt. Diese neuartige Aktion hat dazu beigetragen, den Status des Wolfes als geschätztes Mitglied der estnischen Fauna und der nationalen Identität zu stärken. https://estonianworld.com/life/estonia-picks-the-wolf-as-the-national-animal/


3. 10. Nationale Anerkennung. In den letzten Jahren wurden mehrere renommierte Wolfsforscher für ihre Beiträge zur Wissenschaft und zum Naturschutz von ihren Regierungen mit Medaillen ausgezeichnet. Dazu gehören Peep Männil in Estland (2018) und Petter Wabakken in Norwegen (2025). https://www.lcie.org/News/recognition-for-wildlife-conservation und https://www.statsforvalteren.no/innlandet/folk-og-samfunn/medaljer-og-ordener/kongens-fortjenstmedalje-til-petter-wabakken-elverum/


3. 11. Aktivierung der Zivilgesellschaft. In Belgien hat eine freiwillige Wolfszäune-Gruppe Schafzüchtern dabei geholfen, Elektrozäune nach strengen Qualitätsstandards zu installieren, wodurch die Zahl der Wolfsangriffe auf Nutztiere zurückgegangen ist. https://www.wolffencing.be/


3. 12. Einbeziehung von Interessengruppen. Die „EU-Plattform für die Koexistenz zwischen Menschen und Großraubtieren“ besteht seit 2014 und bringt wichtige Interessengruppen (Jagd, Landbesitzer, Rentierzucht, Naturschutz) zusammen. Das Modell auf europäischer Ebene wird seit 2018 in regionalen Plattformen nachgebildet. Es bietet den Interessengruppen ein einzigartiges Forum für einen offenen Dialog untereinander und mit der Europäischen Kommission. https://environment.ec.europa.eu/topics/nature-and-biodiversity/habitats-directive/large-carnivores/eu-large-carnivore-platform_en#the-eu-platform


3. 13. Konnektivität. Mehrere Länder haben sehr erfolgreich große Raubtiere als Leitarten eingesetzt, um den Bau von grünen Brücken über lineare Verkehrsinfrastrukturen zu fördern. Diese Maßnahmen kommen auch vielen anderen Wildtierarten zugute. Gute Beispiele sind Kroatien und Griechenland, wo Braunbären die Schwerpunktarten waren (https://environment.ec.europa.eu/news/practical-support-minimising-vehicle-bear-collisions-greece-italy-romania-spain-2024-10-31_en), sowie Polen, wo Wölfe im Mittelpunkt standen (https://ibs.bialowieza.pl/en/product/animals-and-roads-methods-of-mitigating-the-negative-impact-of-roads-on-wildlife/)

Die Punkte 1.1. bis 3.13 wurden unter der hier verwendeten Nummerierung mit Hilfe von DeepL aus dem Bericht übersetzt.

Quelle: Linnell, J. D. C. and Boitani, L. (2025) Best practices for management of large carnivores in Europe with respect to lethal and non-lethal management measures. Report to the Bern Convention secretariat as an additional contribution to contracts 1742024 and 1752024 from the COUNCIL OF EUROPE Directorate General Human Rights and Rule of Law(DGI), Bern Convention to the IUCN/SSC Large Carnivore Initiative for Europe (LCIE) and Istituto di Ecologia Applicata (IEA).


Link (Volltext): https://rm.coe.int/best-practice-integrated-v1-for-goe-lcs/1680b5fa41