Wölfe und Wissenschaft -

Wölfe als Wahlhelfer 

Im Oktober wird in Niedersachsen ein neuer Landtag gewählt. Im Wahl-O-Mat Niedersachsen 2022 kann man die Stellungnahmen der zur Wahl stehenden Parteien zu einigen für Niedersachsen relevante Themen abrufen. Dabei wurde eine Stellungnahme zur These „Der Wolfsbestand in Niedersachsen soll begrenzt werden“ von allen Parteien abgefragt. Die Begrenzung befürworten unter anderem CDU, SPD, FDP und AfD. Die Grünen und die Linke sind dagegen (Link Wahlomat: https://www.wahl-o-mat.de/niedersachsen2022/PositionsVergleichNiedersachsen2022.pdf) Kann der Wolf tatsächlich das Wahlverhalten der Bevölkerung beeinflussen?

Bild: Wolfsangriffe auf Nutztiere

Der Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Schutz von Wildtieren, insbesondere des Wolfs, und dem Wahlverhalten gibt, sind Bernhard Clemm von Hohenberg und Anselm Hager nachgegangen. Sie schreiben: Nachdem der Wolf in weiten Teilen Westeuropas im 20. Jahrhundert ausgestorben war, haben die Schutzbemühungen dem Wolf in jüngster Zeit ein beeindruckendes Comeback ermöglicht. Während Naturschützer und die Öffentlichkeit diese Entwicklung begrüßen, wird sie von denjenigen, die in der Nähe der entstehenden Wolfspopulationen leben, mit Skepsis betrachtet. Da Wölfe Nutztiere reißen, wird die negative Haltung gegenüber dem Wolf als wirtschaftliche Bedrohung empfunden. Eine weitere Erklärung für die skeptische Haltung gegenüber dem Wolf könnte ein kulturelles Ressentiment gegen urbane Eliten bei denjenigen sein, die sich mit traditionellen Formen der Ressourcengewinnung identifizieren.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass in Gemeinden, die von Wolfsangriffen auf Nutztiere betroffen sind, der Stimmenanteil der rechtsextremen AfD deutlich ansteigt. Bei Bundestagswahlen gewinnt die AfD zwischen 1 und 2 Prozentpunkten, wenn ein Wolf angegriffen hat. Bei Wahlen auf Landesebene ist der Koeffizient deutlich größer und deutet darauf hin, dass die rechtsextreme AfD nach einem Wolfsangriff über 5 Prozentpunkte gewinnt. Gleichzeitig finden die Autoren widersprüchliche Belege dafür, ob Wolfsangriffe mit einem Rückgang der Wählerstimmen für die Grünen verbunden sind. Bei Bundestagswahlen liegt der Koeffizient nahe bei Null und ist statistisch nicht signifikant. Das Gleiche gilt für Kommunalwahlen, bei denen sie keinen eindeutigen positiven oder negativen Zusammenhang feststellen. Im Gegensatz dazu finden sie bei Landtagswahlen konsistente Belege dafür, dass die Wähler nach einem Wolfsangriff mit geringerer Wahrscheinlichkeit für die Grünen stimmen. Die Autoren führen den positiven Trend beim Wahlverhalten für die AfD auf ökonomische Gründe zurück, da Wolfsangriffe zu wirtschaftlichen Verlusten der Tierhalter führen.

Quelle: Clemm von Hohenberg, Bernhard, and Anselm Hager. "Wolf attacks predict far-right voting." Proceedings of the National Academy of Sciences U S A 119.30 (2022): e2202224119.


Link (Volltext): https://www.pnas.org/doi/full/10.1073/pnas.2202224119 


Zusammenfassung: Reinhard Hehl


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